Gerade wiedergekommen aus dem Norden. Fast zwei Wochen unterwegs. Acht Stunden unterrichten am Tag – das Ergebnis: raue Mengen an müffeligen Trainingskleidern. Aber es ist so nett daheim. Meine Gitarre lächelt mich an. So viele Songs von David Bowie die ich spielen könnte, so unglaublich traurig, dass er nicht mehr lebt. Das Telefon ruft, spazieren gehen mit Freunden oder einfach nur Tee trinken, Musik hören und den winzigen Schneeflocken vor meinem Fenster zuschauen.
Shomo Morita sagt, ich muss nicht machen was meine Gedanken sagen. Patanjali sieht das ähnlich. Der Kerngedanke der Morita Therapie ist, dass man Gedanken und Gefühle nur sehr schwer ändern kann. Gleichzeitig sind sie eben nur Gedanken. Ich kann anders handeln, wenn ich will. Ich kann Wäsche waschen, statt zu malen. Ich kann dies machen obwohl ich mich dabei schlecht fühle, quengelig und grummelig. Morita sieht in der Möglichkeit zu handeln, Aktionen mit dem Körper tatsächlich auszuführen eine große Chance der Heilung. Unangenehmen Gedanken und Gefühle hält Morita für Normalität, es ist menschlich sich schlecht zu fühlen, unbegründete Ängste zu spüren, irrational zu sein. Deshalb ist sein Vorschlag, diese Gefühle anzunehmen und trotz der Gefühle am Leben, an Aktionen teilzunehmen.
Die Wäsche waschen, obwohl ich etwas anderes machen will. Die Wäsche waschen, obwohl es keinen Spaß macht, ich mich einsam fühle, unkreativ, langweilig.
Einfach waschen.
Nicht der Vorsatz ist wichtig, sondern die Handlung.
Auch Patanjali, der im Westen besonders bekannt gewordene Autor des Yoga Sutras, beschreibt eine ähnliche Technik: Pratyahara – das Zurückziehen der Sinne. Die Wäsche waschen[1] und sich nur darauf konzentrieren. Gedanken über die eigene Unlust sind da, ich höre das Telefon klingeln, ich rieche den holzig-staubigen Geruch meiner Gitarre, aber ich wasche einfach nur Wäsche.[2] Meine Sinneswahrnehmungen, Gedanken und Gefühle sind alle noch da, aber ich bin nicht gezwungen zu reagieren. Ich bin nicht ihr Sklave, ich entscheide meine Gedanken, Gefühle und Wahrnehmungen zu bemerken ohne sie zum Anlass zu nehmen zum Telefon zu gehen oder die Gitarre zu greifen.
Und was ist meine Erfahrung, funktioniert es? Hierzu von mir ein großes „Ja“ – allerdings nur, wenn man aufsteht. Wenn man wie ich sitzen bleibt, dann bleibt die Wäsche dreckig – stattdessen gibt’s einen neuen Blog Text…..
[1] Na gut…. Patanjali wäscht keine Wäsche: Pratyahara bedeutet auch keine Handlung mehr zu vollziehen, es reicht also noch deutlich weiter als unsere informelle Praxis in der Waschküche. Aber irgendwo muss man ja anfangen.
[2] Mittlerweile hänge ich sie vermutlich schon auf.
Ich hoffe sehr, das deine Wäsche weiss, das nicht einfach nur lieblos gewaschen wird. Sondern das du dich wirklich mit ihr auseinandersetzt!
wer weiß, was die Wäsche
weißweißich habe mich sehr über deinen humorvollen Kommentar gefreut und ihn sofort bierernst umgenutzt für den nächsten Text….über den großen Unterschied zwischen Pratyahara und der Idee Moritas, die ich kurz angerissen hatte. Muss ich aber noch nett schreiben, allerdings wartet da ja noch mehr Wäsche 🙂
….wie schön, dass durch Dein Sitzenbleiben ein neuer Blogeintrag entsteht. 🙂 Die Wäsche läuft ja nicht weg 😉 Und in der rotierenden Waschtrommel freut sie sich sicher über David Bowie Songs auf der Gitarre. 🙂
Die Gitarre, genau, wir haben noch gar nicht darüber gesprochen, wie sehr sch die Gitarre freut. Und sich dann natürlich auch die Wäsche in der Trommel über die Gitarre.
Und steht die Trommel still, so rotiert doch immer die Erde.
wenn ich lange genug warte ist jedoch zu befürchten, dass die Wäsche Bewusstsein entwickelt und vielleicht auch krabbeln lernt 🙂
apropos Musik…. da haben wir noch was offen….ich sach nur Vertonung (ich habe es irgendwie verdrängt)